Susanne Rossi
Wie würdest Du Dich selbst beschreiben?
Bewusst-Mama, Flippi-Pippi, Still-Schweigende, Offene-Arme & Ohren-Freundin, Nachdenklich-Suchende, Glasklar-Strukturiert-Zielorientierte, Wegbegleitende und -bereitende, Stehauffrau und: Leidenschafts-Yogini… Viele Facetten meines Ich’s, die ich durch und mit Yoga lebe.
Seit wann praktizierst Du Yoga?
2005 kam ich nach langen Jahren des Ver-Suchens über Callanetics, Pilates, autogenem Training und diversen anderen Sport- und Entspannungsarten zu Yoga.
Warum Yoga? Was war Deine Motivation?
Ich war mit meinem dritten Kind schwanger. Und suchte – wie Du vielleicht auch – nach Ruhe, Entspannung und vor allem nach: Zeit für mich.
War Yoga von Anfang an Deine große Leidenschaft? Hat Dich Yoga sofort „geflasht“?
Nein. Die große Leidenschaft ließ wirklich lange auf sich warten. Ich spürte aber sehr bald, da ist mehr…
Anfangs praktizierte ich Yoga 1x wöchentlich. Ging zu meinem Kurs, übte brav meine Asanas. Und ging nach Hause, um mein Leben zu leben wie zuvor… Mit dem „spirituellen Gedöns“ wie Om Shanti konnte ich so gar nichts anfangen. Dachte ich.
Wann und durch wen oder was wurde Deine Leidenschaft für Yoga geweckt?
Erfahren, was Yoga in mir bewegen kann, wie sehr es mich in meinem Innersten berührt und welche Türen es in mir zu öffnen vermag… das habe ich an einem Ort, an dem ich es am wenigsten vermutet hätte. Auf einem Campingplatz im Süden Frankreichs. Dem Land, zu dem ich seit Kindheit eine tiefe Verbundenheit spüre, dessen Sprache meine Seele klingen lässt. Dort, morgens kurz vor 8 (ich bin von der Gattung Nachteule – diese Uhrzeit ist so was von nicht nach meinem Biorhythmus) zog ich los, mit einem großen Handtuch bewaffnet. Yoga am Strand mit Aurore (ja, sie strahlt wirklich wie die Sonne)… Ich war seeehr skeptisch – aber irgendetwas zog mich magisch an. Und dann: eine kraftvolle Stunde – auf englisch, ich kam ständig an meine Grenzen und darüber, verstand die Sanskrit-Begriffe nicht, wurde immer wieder und wieder korrigiert. Hätte ich „früher“ längst aufgegeben, die Stunde verflucht und wäre am nächsten Morgen lieber im Bett geblieben, so zog es mich magisch jeden Morgen auf die „Matte“.
Was war das Besondere an diesen Stunden?
Aurore`s Art Yoga zu lehren, berührte mich zutiefst (auch wenn ich beim Chaturanga regelmäßig mit dem Gesicht im Sand landete). Und nach den letzten Klängen ihres Om shanti wusste ich, dies ist die Praxis, der Yoga, nach dem ich immer auf der Suche war. Zu Hause praktizierte ich weiter, stellte mir den Wecker früher, zog auch im November noch morgens um halb 6 auf unsere Dachterrasse – meine Praxis und die Stille in mir und um mich genießend.
Wie ging Dein Weg weiter?
Wie unser aller Wege war mein Weg geprägt von Höhen – und tiefen Tiefen.
Ich war immer sehr leistungsorientiert und sehr darauf bedacht, zu funktionieren und vor allem: zu genügen. Meine Bestätigung holte ich mir im Außen. Mein Tag gefüllt von einer endlosen To-Do-Liste. Ich unruhig und getrieben. Getrieben von einem inneren Kritiker, der nie Ruhe gab. Und der nach einem 16 Stunden Tag immer noch maulte: „das hättest Du aber wohl noch erledigen können…!“.
Im Frühjahr 2019 zog mein Körper dann die längst fällige Notbremse: Burnout.
Wie konnte Yoga Dich in dieser Krise unterstützen?
Ich praktizierte von nun an täglich. Manchmal reichte die Energie „nur“ für Pranayama. Monatelang war mein Baum die Fußsohle am Knöchel des anderen Fußes. Die Krieger zunächst schlapp und ohne Energie. Die kam sehr, sehr langsam, Stück für Stück zurück. Und längst war aus 1,5 Stunden täglicher Praxis mein Yoga-Weg, mein Yogaspirit in jedem Moment geworden.
Ich kann mit Gewissheit sagen: Yoga hat mir meinen A…. gerettet. Ohne meine tägliche Yoga-Praxis hätte ich wohl keinen Weg heraus gefunden. Heraus aus der Erschöpfung, den Selbstzweifeln, der Scham, der Selbstdemontage. Heraus aus dem Dunkel zurück ins Licht, ins Leben.
Wann wusstest Du, Du möchtest Yoga unterrichten?
Ich wusste sehr schnell: das, was ich mit und durch Yoga erfahren durfte, möchte ich weitergeben. Ich möchte das Licht des Yoga in die Welt tragen.
Um mich dann tatsächlich zu einer Yoga-Ausbildung anzumelden, benötigte es einen freundschaftlichen Schubser. Und noch einige Unterstützung mehr…
Recht kurzfristig meldete ich mich dann zu meiner 200h-Ausbildung an, die in einem buddhistischen Kloster stattfand. Eine intensive Zeit, die mich sehr prägte.
Als in meiner Abschlussprüfung dort meine Mit-Yogi*nis mit leuchtenden Augen vor mir saßen… das war der magische Moment, in dem ich wusste: DAS ist, wofür mein Herz schlägt, das ist wofür ich brennen und was ich mit ganzem Herzen tun möchte.
Wie würdest Du Deine Yoga-Stunden beschreiben? Was macht sie – und Dich – besonders?
Yoga ist meine große Leidenschaft. Und in meinen Yoga-Stunden habe ich das große Glück, gleich mehrere meiner Leidenschaften vereinen zu können:
- Menschen zu begleiten
- Bücher
- Meditation
- Musik
Meine Stunden haben immer eine Struktur, einen roten Faden… Und es gibt ein Thema. Ein Thema, das alle umtreibt, beschäftigt, verbindet und immer berührt. Dieses Thema leitet uns durch die Stunde, durch Pranayama, Asanas und die abschließende Meditation. Oft lese ich Kurzgeschichten vor, Gedichte, bringe Zeitgeschehen ein – Lustiges mit Leichtigkeit, Tiefgründiges oder Nachdenkliches. Immer mit ganz viel Herzenswärme, Authenzität – und mit ganz viel Spüren, was braucht mein Gegenüber gerade, was braucht die Gruppe? So entsteht eine große Verbundenheit. Sogar in den Online-Stunden, deren Teilnehmer sich noch nie in live begegnet sind, haben wir alle das Gefühl, wir kennen uns schon ewig. Und fehlt eine*r, wird er beim nächsten Mal gleich mit großem „Hallo“ begrüßt…
Woran erkenne ich die Besonderheit noch? Gibt es außer der Gestaltung Deiner Stunde eine ganz persönliche Note?
Mh – ja. Meine Teilnehmer geben mir oft die Rückmeldung, meine Stimme sei sehr besonders. Sie strahle so viel Wärme und Ruhe aus. Das berührt mich sehr…
Was ist Dir besonders wichtig? Hast Du einen Slogan – ein Motto?
Oh ja – was mir besonders wichtig ist: Jede*r kann Yoga praktizieren, immer und überall. Yoga geht an der roten Ampel, an der Supermarktkasse, im Wartezimmer. Ich muss nicht auf die 1,5 Stunden freie Zeit warten, die so selten ist im Alltagsgetümmel. Ich kann immer und überall praktizieren, unabhängig von der Konfektionsgröße, dem Status und dem Kontostand.
Natürlich liege auch ich nicht mal eben in Savasana in Heidenheims Fußgängerzone. Aber eine Quadratatmung an der roten Ampel beruhigt meinen Monkey-Mind und bringt mich wieder in Balance.
Hast Du ein besonderes Herzensprojekt? Und warum?
Oh ja! Das habe ich tatsächlich!
Von klein auf war es mir eine Herzensangelegenheit, Menschen, denen es nicht gut geht, zu helfen.
Darum wollte ich eigentlich auch Krankenschwester werden…
Nach vielen Jahren meiner Tätigkeit im medizinischen Bereich, in dem es immer mehr und mehr um Zahlen und Funktionieren geht, kann ich diese Herzensangelegenheit nun im Yoga verwirklichen. Besonders in meinen Yogatherapeutischen Einzel-Sequenzen. Und in meinen „Yoga und Krebs“ Kursen und Retreats (siehe Kurse und Aktuelles).
Menschen mit besonderen Einschränkungen auf ihrem persönlichen Weg zu begleiten, neuen Lebensmut und Lebensfreude zu wecken – das ist meine große Motivation, meine Freude, mein großes Glück.
Was wünscht Du Dir für Deinen weiteren Yoga-Weg?
Seit meiner ersten Yogastunde sind Jahre vergangen, meine Praxis hat sich verändert, Yoga hat mich verändert. Auf meinem Weg sind mir wunderbare Yogalehrende und -erweckende begegnet, die mich begleitet, beeindruckt, geprägt und vor allem beseelt haben. Solche Begegnungen weiterhin erfahren zu dürfen, das würde mich sehr glücklich machen.
Die unbeschreibliche Anna Trökes schrieb mir einst in ihr Buch: „Möge der Yoga Dich auf Deinem Weg ganz zu Dir führen.“ Dieser Weg ist ein langer und sicher nicht immer ein einfacher. Aber wenn mich etwas zu mir führen vermag, dann Yoga.
… und für Deine Teilnehmer?
Für alle Menschen wünsche ich mir von Herzen, dass sie ihren persönlichen Weg finden mögen. Und wenn sich unsere Wege kreuzen sollten, würde mich dies sehr freuen.
Mögest Du in Liebe sicher und geborgen sein.
Mögest Du in Frieden und mit Leichtigkeit
Deinen Weg gehen.
– Meitri-Mantra, rossiSyoga –